Miesmuschel, © Die Nordsee GmbH, Robin Schneider

Miesmuscheln - Die Lunge der Nordsee


Muscheln gehören wohl zu den beliebtesten Erinnerungsstücken an den Nordseeurlaub. Doch sie sind weit mehr als das: Im Weltnaturerbe Wattenmeer, zu dem der Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer gehört, erfüllen Sie eine sehr wichtige Funktion. 

 

Artikel von Gela Brüggemann

Ich bin auch nicht richtig froh. 
Ich habe auch kein richtiges Herz. 
Ich bin nur ein kleiner, unanständiger Schalk. 
Mein richtiges Herz. Das ist anderwärts, irgendwo im Muschelkalk. 
Joachim Ringelnatz

In Ringelnatz Gedicht geht es eigentlich gar nicht um den Muschelkalk. Muschelkalk war der Spitzname seiner geliebten Frau. Es geht also - ganz wie in diesem Text - nur um die Eine, die Besondere. In unserem Fall: die Miesmuschel. Wer sich ein bisschen mit ihr beschäftigt, möchte ihr gern einen Namen geben, der sie ins rechte Licht stellt. Dabei ist „Mies“ eigentlich gar nicht mies gemeint, sondern ist plattdeutsch, heißt Moos und bezieht sich auf die grünliche Schicht, die sich oft auf ihr absetzt.

Miesmuscheln, die unter anderem in der Niedersächsischen Nordsee zu finden sind, gelten als so genannte Filtrierer. Sie ernähren sich von kleinsten im Wasser schwebenden organischen Teilchen, wie Plankton und Detrius (lat. Abrieb/ zerfallene organische Substanzen). Dabei legt das kleine Weichtier eine immense Filterleistung vor: eine ausgewachsene Muschel kann bis zu 1,5 Liter Wasser pro Stunde filtern. Im Sommerhalbjahr filtrieren die Miesmuscheln zusammen mit ihren Arbeitskollegen, den Herzmuscheln das gesamte Wasservolumen des UNESCO Weltnaturerbes Wattenmeer in acht bis neun Tagen. Die Muschel fungiert also wie eine große Kläranlage oder anders gesagt: Muscheln sind die Lungen der Nordsee. Klappt man die Miesmuschel auf, sind die beiden Hälften interessanterweise sogar ganz ähnlich geformt, wie das menschliche Filterorgan.

Miesmuscheln, © Nationalparkverwaltung Nds. Wattenmeer
Miesmuschel, © Die Nordsee GmbH, Robin Schneider
Ich bin auch nicht richtig froh.  Ich habe auch kein richtiges Herz.  Ich bin nur ein kleiner, unanständiger Schalk.  Mein richtiges Herz. Das ist anderwärts, irgendwo im Muschelkalk. 
Joachim Ringelnatz
Herzmuschel im Sand, © Die Nordsee GmbH, Jantje Olchers

Der zweite Grund für die große Bedeutung der Miesmuschelbänke für das Wattenmeer liegt in ihrer Funktion als Lebensraum und Nahrungsquelle für etwa 50 andere Tier- und 15 Algenarten. Vögel wie der Austernfischer und auch die Eiderente sind ihre Hauptfeinde über Wasser. Unter Wasser sind es die Seesterne, die mit ihren Saugnäpfen stundenlang an den Schalenhälften ziehen, bis die Muschel schließlich erschöpft aufgibt. Doch der größte Nutzer ist wohl der Mensch. Von Jahr zu Jahr stark schwankend, werden bis zu 100.000 Tonnen Miesmuscheln in der südlichen Nordsee gefischt. Durch eine Übernutzung in den 1990er Jahren wurden die Bestände in einigen Wattenmeerbereichen fast völlig ausgerottet. Eine Zunahme der Schadstoffbelastung, veränderte Zusammensetzung des Phytoplanktons, Parasitenbefall, erhöhter Schwebstoffgehalt durch Baggern und Verklappen, und der Klimawandel, machen den Muscheln ebenfalls zu schaffen. Ein großes Problem stellen die Krabben dar. Aufgrund des immer wärmer werdenden Wassers, kommen sie drei Wochen früher als sonst aus dem Tiefwasser zurück und fressen die Jungmuscheln. Auch wenn die Miesmuscheln harte Zeiten hatten und zum Teil immer noch haben, die Bestände haben sich erholt.  „Derzeit geht es den Miesmuscheln auf den Austernbänken sehr gut“, sagt Gregor Scheiffahrt von der Nationalparkverwaltung.

Die Macht der Muscheln

Drei bis fünf Miesmuscheln in ein Glas mit Meerwasser legen. Daneben ein ebenso großes Glas mit Meerwasser, aber ohne Muscheln stellen. Nach einer halben Stunde wird ein deutlicher Unterschied zu erkennen sein, der im wahrsten Sinne des Wortes „klar macht“, wie gut die Muscheln ihren Job erledigt.

mehr zum Thema Muscheln

Muschelmuseum Spiekeroog, © Nordseebad Spiekeroog GmbH

Kurioses Muschelmuseum


Über 3000 Muscheln aller Art werden hier auf lustige und interessante Weise dargestellt.

Gut übernachten