Blick auf die Fahrrinne, © Die Nordsee GmbH, Carolin Wulke

Sound of Silence - Stille im Watt vor Butjadingen


Wir machen Pause und lauschen dem Plätschern des Wassers im Priel. Der Nordwind, heute nur Stärke eins bis zwei, schweigt. Vereinzelte Möwenschreie sind leise im Hintergrund zu hören. Unter den Füßen spüre ich den Wattboden, der hier etwas schlickiger ist. Ich hocke mich hin, der leicht schwefelige Geruch des Watts steigt mir in die Nase. Wir pausieren, um zu genießen und die Natur auf uns wirken zu lassen. Kein Wort, denn das ist das Ziel dieser besonderen Tour: das UNESCO Weltnaturerbe Wattenmeer schweigend zu genießen und intensiv wahrzunehmen, was um uns herum passiert.

 

von Carolin Wulke

 

„Erlebe die Ruhe, genieße die Stille, fühle das Watt unter Deinen Füßen, schmecke das Salz in der Luft.“ Deshalb sind wir hier, Entschleunigung ist das Ziel. Dafür hat uns Wattführer Thomas vor dem Start das Versprechen abgenommen, während der Wattführung nicht zu sprechen. Alle Mobiltelefone sind ausgeschaltet oder lautlos gestellt. Eigentlich ja ganz angenehm, eineinhalb Stunden gar nichts sagen zu MÜSSEN. Aber ich DARF auch nichts sagen, nichts fragen, nicht in Begeisterung ausbrechen. Was, wenn es mir doch passiert?

Schon die Anreise war ruhig und fast meditativ. Die Straße ging stur geradeaus, führte durch Wiesen und Felder, an Pferden, Kühen und mächtigen Bauernhöfen vorbei. An vielen Stellen war ich geneigt abzubiegen oder anzuhalten. Aber ich hatte ja das Ziel Eckwarderhörne auf der Nordsee-Halbinsel Butjadingen vor Augen. Also hebe ich mir Seefelder Mühle, Deichladen, Melkhus und den Baumklettergarten für den Rückweg auf.

Fein dat du kuumst, © Die Nordsee GmbH, Carolin Wulke
Stille

Besondere Begegnung

Wir laufen los, ins Solthörner Wattenmeer, Thomas vorweg. Ein Austernfischer kreuzt laut piepsend unseren Weg. Ansonsten ist nur das feine Platschen und Quatschen von fünf Fußpaaren zu hören. Kein Geräusch, kein Räuspern, nichts. Einfach nur Ruhe! Der Boden ist hier angenehm sandig, an manchen Stellen auch etwas schlickig, aber man sinkt nicht weiter als knöcheltief ein. Auf dem Weg Richtung Fahrrinne zeigt Thomas auf einmal mit dem Arm nach links. Ich blicke angestrengt dorthin: der Arngaster Leuchtturm, die Hafeneinfahrt von Wilhelmshaven, eine Boje… Nein, jetzt bewegt er sich in typisch robbenden Bewegungen und outet sich damit als Seehund. Schade, ich wollte doch mein Fernglas mitgenommen haben. Aber auch so ist es ein tolles Erlebnis und zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht. Statt lauter Begeisterungsstürme, die ein Seehund bei anderen Wattwanderungen unter den Teilnehmern hervorruft, wirkt hier die stille Freude. Wattwandern geht also auch ohne reden und ist sogar sehr angenehm.

Dieser Seehund ist allein. Wir sind etwa 800 Meter weit weg, aber er hat uns registriert, hat die Schwanzflosse gehoben, wird uns Thomas später erzählen. Problematisch ist die Nähe der Menschen für die kleinen Heuler, die im Juni/Juli im Nationalpark Wattenmeer geboren werden. Werden sie aufgeschreckt, robben sie hektisch springend ins Wasser. Liegen am Strand Sandklaffmuscheln, können sie sich an den scharfen Kanten den Nabel aufschneiden und verbluten dann. Also, bitte immer einen großen Bogen um Seehunde machen, auch wenn die Begegnung mit ihnen noch so aufregend ist!

Pause im Watt, © Die Nordsee GmbH, Carolin Wulke
Kein Geräusch, kein Räuspern, nichts. Einfach nur Ruhe!

Ausblicke und Eindrücke

Wir haben die Fahrrinne erreicht, baden unsere Füße kurz im Wasser und genießen das gegenüberliegende Panorama. Nur an einer Stelle muss man ganz kurz die Augen schließen und den Blick dann weiter schweifen lassen. Das Kraftwerk in Wilhelmshaven ist kein schöner Anblick. Also drehen wir nach rechts und laufen still Richtung Priel. Unterwegs sehen wir ein Konglomerat von Austernschalen und die einsame Zange einer großen Strandkrabbe. Ich nehme sie für ein Foto in die Hand, sie riecht fürchterlich, die Sinne sind wirklich geschärft.

Nach der kurzen Pause, die wir in aller Stille genossen haben, machen wir uns auf den Rückweg. Entlang des Priels ist der Boden sehr viel heller als an anderer Stelle. Dort liegt alles voller Sandklaffmuscheln, die an nackten Füßen schon mal wehtun können. Wir haben zum Glück alle Wattsocken an und können dort unbeschadet weiterlaufen. Grund für die Ansammlung der Muschelschalen ist eine Verlagerung des Priels, der durch das Watt mäandriert, erfahren wir später. Die Sandklaffmuschel kann sich nur als junge Muschel eingraben, danach wird ihr Grabfuß sehr schwach. Wird sie an die Oberfläche gespült, bleibt sie also dort liegen und verendet.

Mit Blick auf das Oberfeuer Preußeneck kehren wir zum Strand zurück. Ab jetzt darf wieder geredet werden, aber wir waschen alle schweigend unsere Füße, bevor wir uns zusammensetzen und das Erlebte Revue passieren lassen. Tanja fand es sehr entspannend, während der Tour nicht zu reden. Gabriele hat insbesondere ihre Füße im Watt intensiv wahrgenommen. Mir haben die Stille und die Konzentration auf die Natur sehr gefallen, selbst der Wind hat an diesem sonnigen Tag geschwiegen. Das Watt hat sich insgesamt von einer sehr sanften Seite gezeigt, so dass wir uns nun alle beseelt und erfüllt auf den Heimweg begeben – ganz leise und entspannt.

So genießen Sie die Stille im Watt

Stille im Watt, © Die Nordsee GmbH, Carolin Wulke

Den Sound of Silence erleben


Hier gibt es alle Informationen und Termine der Sound of Silence Wattwanderung

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Wattwanderung an der Küste, © Die Nordsee GmbH, Katja Benke

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