So frei wie nirgendwo sonst

Sie gehören zusammen, seitdem er denken kann: Uwe Caspers und die Nordsee. Schon als kleiner Junge fuhr er mit seinem Vater auf dem Fischkutter raus aufs Wattenmeer, damals vor rund 60 Jahren in Dornumersiel. Mit 15 ging er bei seinem Vater in die Lehre. „Und ein paar Jahre später war ich Kapitän auf meinen eigenen Kutter.“

Wenn Uwe Caspers über die Fischerei spricht, dann merkt man schnell, dass das Wort „Beruf“ hier nicht hingehört. „Das Fischen ist ja viel mehr, das ist ja das ganze Leben“, sagt der 67-Jährige und lacht über das ganze, wettergegerbte Gesicht. „Man muss das hier alles lieben, sonst macht man das nicht lange.“ Die Sieben-Tage-Woche war Normalität, nicht selten waren er und seine Männer tagelang auf See. „Das war harte Arbeit, klar“, sagt er. „Aber das ist etwas Besonderes da draußen. Das entschädigt einen, immer wieder.“

Sohn Tom hat für das Besondere auch einen Namen: „Freiheit. Die hat man so eigentlich sonst nirgendwo.“ Und vielleicht ist es diese ganz besondere Freiheit, die auch Sohn Tom von Anfang an aufs Meer hinauszog. An den Wochenenden, in den Ferien: Wann immer es ging, war Klein Tom dabei, wenn der Kutter nachts gemächlich den Hafen in Dornumersiel verließ. „Ich wollte einfach nur auf dem Meer sein, das war schon immer so“, erzählt Tom Caspers, heute 34 Jahre alt und Krabbenfischer.

Und wie sein Vater, so nimmt auch Tom für die Fischerei manches in Kauf. Die Familie sieht man viel zu selten. „Und wenn Mitte Dezember die Saison vorbei ist, dann wartet die Frau zuhause schon mit all den Dingen, die sich übers Jahr so ansammeln“, sagt Tom Caspers und lacht. Doch die Liebe zum Meer und ebendiese Freiheit sind es, was die Fischer über Generationen an die Fischerei bindet. Fakt ist: Es vererbt sich. „Wenn man sich hier mal umschaut“, sagt Tom Caspers und lässt den Arm über den Dornumersieler Hafen schweifen, wo sich die Krabbenkutter bunt aneinanderreihen, „dann sieht man nur Familienbetriebe. Die Urgroßväter haben schon gefischt, die Großväter und Väter, und nun machen’s die Söhne.“

Und ein jeder von ihnen kann seine eigene Geschichte erzählen. Vater Uwe darüber, wie er in den sechziger Jahren noch das hölzerne Steuerrad in den Händen hielt, den Kutter mit Kohle beheizte und den Fang mit Schaufeln auf die Körbe verteilte. „Heute läuft ja alles per Knopfdruck und Satellit.“ Sohn Tom hat zwar nicht mehr mit Kohle und Schippen, dafür aber mit wachsender Bürokratie zu kämpfen. Beispielsweise mit EU-Vorgaben aus Brüssel, die das nachhaltige Fischen stärken sollen. „Dabei machen wir das hier an der Küste schon seit den Siebzigern so, auch ohne Fangquoten“, sagt Uwe Caspers. „Wenn wir einfach alles aus dem Meer holen, dann wächst ja irgendwann nichts mehr nach. Das war uns allen schon damals klar“, so Uwe Caspers. „Einen sorgsamen Umgang mit der Natur geben die Fischer an der Nordseeküste von einer Generation zur nächsten weiter.“